×
1. In Kürze 2. Weshalb ist eine Mindestabbildungsgröße zu fordern? 3. Technische Methodik der Bildauswertung



Ternica ProVida 2000 modular

Abbildungsgröße des Tatfahrzeuges


In Kürze ...

Die Gebrauchsanweisung fordert, dass die im „AUTO2-Modus“ geforderte Konstanz des Abstandes zwischen Einsatz- und Tatfahrzeug im Beweisvideo nachvollziehbar sein muss. Die Gebrauchsanweisung enthält jedoch keine Vorgaben dazu, mit welcher Größe das Tatfahrzeug im Videobild zu dokumentieren ist.

Der Nachweis der Abstandskonstanz erfordert eine Bildauswertung hinsichtlich des Abstandes zwischen Kamera und Tatfahrzeug. Werden mehrere Videoeinzelbilder dahingehend ausgewertet, kann die Abstandsentwicklung bestimmt werden.

Wenn das Tatfahrzeug nur sehr klein im Video abgebildet ist, wachsen die Fehler bei der Bildauswertung deutlich und nichtlinear an. Das Beweisvideo kann den geforderten Nachweis nicht erbringen.

Die PTB als Zulassungsbehörde hat dazu technische Untersuchungen durchgeführt und im PTB-Prüfschein 1.23-3242.17 / VDM veröffentlicht. Dieser fordert eine Mindestabbildungsgröße der Prüfobjekte von 10 % der Bildgröße.

Bezogen auf das Tatfahrzeug sollte vorzugsweise die Abbildungsbreite des Fahrzeuges mehr als 10 % der Bildbreite betragen.

Wird das Tatfahrzeug zu klein im Video dokumentiert, kann das Abstandsverhalten zwischen Einsatz- und Tatfahrzeug nicht hinreichend eng toleriert bestimmt werden. Ein unzulässiger Messablauf durch ein Aufholen kann nicht ausgeschlossen werden. Die erheblichen Toleranzen sind zum Vorteil hinsichtlich eines alternativen Vorwurfsbetrages zu berücksichtigen.


☰ Inhalt

2. Weshalb ist eine Mindestabbildungsgröße zu fordern?

Die Messanlage ProVida 2000 modular ist technisch eine passive Messanlage, da sich die Messgrößen nicht auf das konkret überwachte Fahrzeug beziehen. Es wird grundlegend nur die Eigengeschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges ermittelt. Unter der Voraussetzung eines ideal konstanten Fahrabstandes zwischen dem Tatfahrzeug und dem Einsatzfahrzeug ist die Eigengeschwindigkeit auf das Tatfahrzeug übertragbar.

Im Rahmen eines technischen Gutachtens ist zu bestimmen, welche Abstandsänderung zwischen dem Einsatzfahrzeug und dem Tatfahrzeug nachweisbar vorlag.

Da die Messanlage keine messtechnisch-sensorische Erfassung des Tatfahrzeuges vornimmt, verbleibt der Abstand zwischen den Fahrzeugen unbekannt und kann nicht in das Beweisvideo eingeblendet werden.

Für die forensische Nachweisführung kann sich hier nur auf die optische Abbildung der Beweiskamera gestützt werden. Über vereinfachte Verfahren kann anhand von bekannten Abmaßen am Tatfahrzeug und deren Bildgröße die Gegenstandsentfernung bzw. der Abstand zwischen Kamera und Tatfahrzeug über die Brennweite der Beweiskamera berechnet werden. Über die Auswertung mehrerer Videobilder kann die Abstandsänderung während der Messung im Video bestimmt werden.

Im Regelfall kommen bei der Messanlage ProVida 2000 modular Zoom-Objektive zum Einsatz. Die im Beweisvideo eingeblendete Zoom-Kennzahl (0 ... 100) läuft nicht linear zur Brennweite und darf daher nicht für Brennweitenberechnungen herangezogen werden. Aus diesem Grund ist die Brennweite / Kamerakonstante aus dem Beweisvideo zu rekonstruieren.

Wenn die Brennweite der Kamera bekannt und über den betrachteten Videoabschnitt nicht geändert worden ist, kann aus den Abbildungsgrößen des Tatfahrzeuges die Abstandsentwicklung rekonstruiert werden.

Aufgrund der begrenzten Auflösung eines Videobildes sowie einer im Praxisfall nicht ideal eingestellten Bildschärfe ergeben sich technische Unsicherheiten bei der Bestimmung der Abbildungsgrößen des Tatfahrzeuges und damit der Abstandsberechnung. Es werden Toleranzbetrachtungen notwendig.

Ein solches Auswerteverfahren wird auch im Polizeiverfahren „Vidista“ eingesetzt, weshalb sich die PTB mit den physikalischen Grenzen einer solchen Bildauswertung beschäftigte. Es wurde untersucht, welche Mindestgröße mit Bezug auf das Gesamtbild zu fordern ist, damit die unvermeidbaren Auswertefehler in technisch akzeptablen Bereich von 3 % verbleibt.

Der PTB-Prüfschein 1.23-3234.17/VDM beschreibt die Ergebnisse der Untersuchungen. Es wird in entsprechenden Stellungnahmen ausgeführt:

„Die Messergebnisse sagen aus, dass das Messverfahren grundsätzlich dazu geeignet ist, bei Videosystemen durch Vermessung der Objekte im Bild den Abstand der Gegenstände zu bestimmen. (...) Der größte Messfehler entsteht dadurch, dass bei kleinen Bildobjekten der Fehler nichtlinear ansteigt, weil das Positionieren der Messlinien durch die endliche Breite der Linien und Unvollkommenheit der Kantenübergänge immer größere Fehler erzeugt. Bei dem idealen Bild des Bildmustergenerators wurden bei einem Bildschirmrasterabstand von zwei vertikalen Guterlinien (ca. 10 % der Bildgröße) Fehler im Bereich von 3 % des richtigen Wertes festgestellt. Die Grenze des Messverfahrens wird deshalb dort anzutreffen sein, wenn Objekte vermessen werden, die sich über geringere Abmessungen als 10 % der Bildschirmgröße ersterecken.“

Wird demnach das Tatfahrzeug kleiner als 10 % der Bildgröße abgebildet, steigen unweigerlich die Fehler bei der technischen Auswertung zur Abstandsentwicklung nichtlinear über 3% an. Das bedeutet, dass im Endeffekt das Ergebnis der Abstandsbetrachtungen beliebig wird, das Beweisvideo nicht die erforderliche Beweiskraft gemäß Gebrauchsanweisung entfalten kann.

In der Fachzeitschrift VKU wurde im Jahr 2014 eine ergänzende Untersuchung veröffentlicht. Demnach sind bereits bei einer Objektgröße von 10 % Fehlergrößen von 6 % möglich. Wird das Fahrzeug noch kleiner abgebildet, kann nach hiesiger Ansicht das Video nicht mehr sachgerecht ausgewertet werden.


☰ Inhalt

3. Technische Methodik der Bildauswertung

Die relative Abbildungsgröße des Tatfahrzeuges wird an Hand des ersten Bildes nach Beginn der Messung und des letzten Videobildes vor dem Ende der Messung ermittelt. Bei der entsprechenden Bildauswertung werden die vorhandenen Unschärfen der Abbildung zum Vorteil ausgelegt.
Weil die Videoaufzeichnung auch nach dem PAL-Standard im Halbbildverfahren erfolgen kann, ist die Auflösung eines Videobildes theoretisch auf 720 x 576, praktisch aufgrund der Bewegung der Fahrzeuge auf ein Halbbild mit 720 x 288 beschränkt. Das technische Höhenmaß des Tatfahrzeuges liegt nicht in einer lotrechten Ebene zur Kamerahauptachse und ist daher stark von der Paralaxe bestimmt. Folglich sollten sich die Vermessungen auf horizontale Abstände in der Heckebene beschränken und vertikale Maßabgriffe vermieden werden. Hier sind die technischen Unwägbarkeiten und Toleranzen nicht abschätzbar.

Die Auswertung der Strukturbreiten am Fahrzeugheck des Tatfahrzeuges berücksichtigt die zwischen den Mess- und Tatfahrzeug liegende Rollwinkeländerung (Änderung der Fahrbahnquerneigungen), um zusätzliche Messfehler zu vermeiden.

Um den Einfluss der Unschärfen in der Abbildung selbst einzugrenzen, wird eine Toleranz von kleiner als ±3 % bezogen auf die Objektabmessung im vorgenannten Prüfschein festgelegt.